Inklusion / Gleichstellung
Die DAFEG hat das Behindertengleichstellungsgesetz durchgearbeitet und dessen Bestimmungen auf die Stellung von Gehörlosen in der Kirche übertragen. Ziel war die Erarbeitung einer Vereinbarung zwischen der Gehörlosenseelsorge und ihrer jeweiligen Kirchenleitung, um eine Verbesserung der Gleichstellung von gehörlosen Kirchengliedern zu erreichen – zum einen durch die Sicherstellung einer qualifizierten Gehörlosenseelsorge und zum anderen durch die Regelung des Dolmetschens von Amtshandlungen in hörenden Gemeinden, an denen gehörlose Gemeindeglieder teilnehmen.
Heute ist das EKD Projekt "Dolmetschen bei Amtshandlungen in der Evangelischen Kirche"
fest etabliert. Die Sicherstellung der qualifizierten Gehörlosenseelsorge in der jeweiligen Landeskirche
bleibt jedoch – speziell in der aktuellen Diskussion um Inklusion – eine gemeinsame Herausforderung:
NEU: Inklusion statt Integration
Der Dienst an und mit gehörlosen Menschen hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Das Selbstverständnis gehörloser Menschen hat sich gewandelt: sie treten selbstbewusst auf, zeigen ihre eigene Kultur und fordern gleichberechtige Teilhabe an der Gesellschaft ein. Die rechtlichen Grundlagen sind entsprechend angeglichen worden, die UN-Behindertenrechtskonvention gibt die Ziele eines gesellschaftlichen Wandels vor. In der Diskussion um konkrete Schritte hin zu diesem Ziel zwischen Behindertenverbänden, Politikern und anderen Fachleuten spielt der Begriff der Inklusion eine zentrale Rolle und steht in engem Zusammenhang mit weiteren Begriffen wie Teilhabe, Chancengleichheit, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung.
Die Gehörlosenseelsorge und -gemeinden sind dabei unverzichtbar. Für die Zukunft – mit dem Ziel „Inklusion“ – bedeutet das, die Teilhabe von gehörlosen Menschen an und in der Kirche weiter auszubauen und gleichzeitig die Selbständigkeit der Gehörlosengemeinden zu stärken: mit gut ausgebildetem Personal und einer finanziell gut ausgestatteten Gehörlosenseelsorge.
Dabei wird sich langfristig auch die Perspektive der Mehrheitsgesellschaft inner- und außerhalb der Kirche ändern. Wurde Gehörlosenseelsorge als kleiner, aber kostenintensiver Arbeitsbereich eher als Last denn als Gewinn gesehen, wird sich diese Sichtweise theologisch und politisch verändern: Gehörlosengemeinden tragen in ihrer eigenen Weise zum Reichtum und Schatz der Kirche bei. Gebärdensprachliche Kommunikation, gebärdenpoetische Ausdrucksformen und visuelle Gottesdienstelemente sind eine Bereicherung geistlichen Lebens in der Kirche. Dies nehmen zunehmend auch hörende Gemeindeglieder wahr: z. B. bei öffentlichen Veranstaltungen, Kasualien und gemeinsamen Gottesdiensten wie beim Kirchentag.
Parallel zu der Veränderung der Wahrnehmung gebärdensprachlicher Menschen in Kirche und Gesellschaft entwickelt sich das Bewusstsein für eine gebärdensprachliche Religiosität. Sie kann die theologische Diskussion durch Argumente aus ihrer Perspektive bereichern. Wie sich Kirche und Gemeinde und theologisches Denken durch die Anfragen der Befreiungs- und der feministischen Theologie in den letzten 50 Jahren geändert haben, so ist auch zu erwarten, dass Erfahrungen und Erkenntnisse einer DEAF THEOLOGY im Zeitalter der Inklusion den Beginn einer offenen und vielfältigen Zukunft darstellen.
Die DAFEG bittet in ihrem Brief an die Landeskirchen darum, gemeinsam hörende und gehörlose Gemeindeglieder zu mehr Teilhabe zu ermutigen und sich als gleichwertige Glieder des einen Leibes Christi (1. Kor. 12,12) zu sehen: Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau, hier sind nicht Hörende noch Gehörlose, denn wir sind alle eins in Christus Jesus. (frei nach Gal. 3,28)
Der Ökumenische Rat der Kirchen beschreibt eine inklusive Kirche, die für alle Menschen da ist.
Eine Orientierungshilfe zu Inklusion leben in Kirche und Gesellschaft hat der Rat der EKD vorgelegt.
Eine Orientierungshilfe zu Inklusion und Kirche bietet auch die Ev. Kirche im Rheinland.
Eine Orientierungshilfe zur UN-Behindertenrechtskonvention von der Ev. Kirche in der Pfalz